Fotografien der Agfa-Box von Felix von Wartburg

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Felix von Wartburg

Die Agfa Box 6×9­ Rollfilm ­Kamera aus den 1930er ­Jahren

Heute will ich meine Agfa Box Kamera vorstellen, die ich mir als Primarschüler so um 1955 aus meinem Taschengeld gekauft habe. Ich war damals «Ausläufer» und Gehilfe in einem Fotogeschäft am Rennweg in Zürich, wo ich aufgewachsen bin. Es gab zu jener Zeit schon technisch weit ausgefeiltere Kameras für Kleinbildfilme, mit Blenden­ und Verschlusseinstellungen und oft auch mit einem Kabelanschluss für Blitzgeräte, aber eine so «moderne» Kamera konnte ich mir nicht leisten.

Die Agfa Box 6×9­Rollfilm­Kamera war eine simple schwarze Box aus Holz oder Blech mit genarbtem Kunstleder überzogen. Das Objektiv bestand aus einer einzigen Linse mit einer Festbrennweite von zirka 105 mm, was ungefähr einer Normalbrennweite entsprach. Die Verschlusszeit lag bei fester Blende f/11 so um 1/30 Sekunde (abhängig vom schnellen oder langsamen Daumen) und konnte mit einem offenen Verschluss auch auf „Langzeit­ oder Dauerbelichtung“ eingestellt werden.

Das Negativformat war auf Rollfilm im Format 6×9 cm ausgelegt. Die Agfa Box hat zwei billige, nur mit Mühe einsehbare Prismensucher für Hoch­ und Querformat, aber leider kein Stativgewinde. Deshalb waren viele Bilder verwackelt und unscharf. Auf der Rückseite war ein rotes Filmfenster, durch das man den Filmtransport zum nächsten Bild kontrollieren konnte. Da dies sehr schlecht erkenntlich war, gab es oft ungewollte Doppel­ oder Leerbelichtungen. Trotzdem war die Kamera sehr beliebt und ein Verkaufserfolg. Wer mit ihr fotografierte, brachte diese meistens zum Fotogeschäft, wo der belichtete Film vom Fachmann aus der Kamera entfernt und durch einen neuen unbelichteten Film ersetzt wurde. Den Filmwechsel trauten sich die damaligen Fotoamateure meistens nicht selber zu. Schon 1880 prägte George Eastman (der Gründer von Kodak) den heute noch von Marketingfachleuten bewunderten Werbeslogan: «You press the button, we do the rest» (Sie drücken auf den Auslöser. Wir erledigen den Rest). Filmwechsel waren damals etwas für das Fotofachgeschäft. Und die belichteten Papierabzüge wurden den Kunden oft sogar nach Hause gebracht. Das war eine meiner Aufgaben als «Ausläufer». Agfa hatte zwischen 1930 und 1932 Hunderttausende dieser Boxen günstig unter das Volk gebracht und an den Rollfilmen gutes Geld verdient. Dass man noch heute – bald hundert Jahre nach dieser Zeit – mit der Agfa Box 6×9­Rollfilm­Kamera aus den 1930er­Jahren immer noch fotografieren kann, darf man als Glücksfall bezeichnen. Es grenzt an ein Wunder, dass es heute immer noch die Rollfilme im 120er Format zu kaufen gibt, dass man diese immer noch photochemisch entwickeln und weiter verarbeiten kann. Dabei ist es jedermann erlaubt, diese chemisch zu entwickeln und danach entweder chemisch oder digital weiter zu verarbeiten. In 14 Jahren wird die Agfa Box 6×9­Rollfilm­Kamera 100 Jahre alt sein. Sie wird dann die Kamera sein, mit der nicht nur unsere Eltern, sondern auch unsere Gross­ und Urgrosseltern fotografiert haben. Von denen leben die meisten nicht mehr. Aber die Agfa Box 6×9­Rollfilm­Kamera aus den 1930er­Jahren lebt weiter und macht brauchbare Bilder wie eh und je. Mit ihr zu Fotografieren macht Spass, erregt Aufsehen und ist ein echtes Abenteuer.

Felix von Wartburg, Luzern

15. Juli 2016

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